Station Pertisau - Achenseekraftwerk
Man kann das Achenseekraftwerk getrost als Wiege der Tiroler Wasserkraft AG, kurz TIWAG, bezeichnen. Durch seinem Bau manifestiert sich die Gründung der späteren Landesenergiegesellschaft. Bei seiner Inbetriebnahme 1927 war die Kraftwerksanlage das größte Speicherkraftwerk Österreichs. Mit dem Wasser des Naturspeichers Achensee erzeugen fünf Pelton-Turbinen jährlich rund 219,5 Gigawattstunden elektrische Energie, davon mehr als die Hälfte im Winterhalbjahr.
Die Stromgewinnung aus dem bis zu 133 Meter tiefen Achensee funktioniert von Einheimischen und Touristen weitestgehend unbemerkt. Nur im Winter wird eine Begleiterscheinung der Stromproduktion offensichtlich: Der Pegel des Achensees fällt aufgrund der Wasserentnahme stark ab und die Ausdehnung des Gewässers schrumpft. War früher ein Absinken um bis zu 11,5 Meter erlaubt, so beschränkt man sich seit 2005 auf sechs Meter, damit der Achensee im Frühsommer, gut gefüllt durch Regen und Schmelzwasser aus dem Gebirge, seine Gäste mit glasklaren Wellen bezaubern kann.
Wie sehr sich Anwohner und Gäste schon früh an der eher traurigen Erscheinung des Achensees im Frühjahr störten, ist bereits in einem Bericht des Historikers Otto Stolz aus dem Jahr 1936 nachzulesen.
Der Achensee ist mit 719 ha Fläche der größte und mit 133 Meter der tiefste See von Tirol … Da er nun für das Großkraftwerk als Staubecken dient, wird im Herbst über den Winter bis zum Frühjahr mehr Wasser entnommen als ihm zufließt und der Ersatz erst durch die Schneeschmelze im spätern Frühjahr und die Niederschläge im Sommer wieder aufgefüllt. Die Strandlinie erscheint deshalb im Frühjahr bis in den Sommer hinein je nach der Menge der Niederschläge und der Schneeschmelze stark gesenkt, an den steileren Ufern um 1 – 2 Meter, und der flache Teil des Sees am Südende wird dadurch auf etwa 300 Breite ganz trocken gelegt und erscheint dann wie ein junges Moor. Das trägt natürlich nicht zur Verschönerung des Landschaftsbildes bei und soll auch dem Fischstande sehr schädlich sein. Dafür ist die Temperatur der Oberfläche des Sees im Sommer jetzt merklich, auf etwa 18 Grad Celsius erhöht, weil nicht mehr wie früher das erwärmte Oberflächenwasser am Nordende abfließt, sondern das kältere Tiefenwasser durch die Kraftleitung am Südende. Dadurch hat der See für Badezwecke gegenüber früher beträchtlich gewonnen.
Aus: Otto Stolz. Geschichtskunde der Seen von Nordtirol in: Schlern-Schriften 32. Innsbruck 1936. S. 188 – 192
Die geheimnisvollen Zuflüsse des Achensees
Während trockener Wetterperioden ist am Achensee ein seltsames Phänomen zu beobachten. Obwohl Zuläufe und Bäche versiegen, sinkt der Wasserpegel des Bergsees nur sehr, sehr langsam. Es heißt, der See soll durch unterirdische Zuflüsse gespeist werden, die den Pegel konstant halten.
Alte Erzählungen lassen zudem vermuten, dass in den Tiefen des Achensees verborgene Abflüsse existieren. Besonders Geschichten, die sich der Volksmund über den 1. November 1755 erzählt, scheinen dies zu bestätigen. An diesem Tag wurde das ferne Lissabon von einem verheerenden Erdbeben zerstört. Auf die Stunde genau zur selben Zeit soll der bis dahin ruhige Achensee begonnen haben, in wilden Wogen zu schäumen. Zudem sei der Wasserstand augenblicklich um ca. 1,2 Meter abgesunken. Im Norden des Sees sei es sogar möglich gewesen, trockenen Fußes vom Zollhaus auf das gegenüberliegende Ufer zu wechseln. 24 Stunden soll es gedauert haben, bis der Wasserpegel wieder auf seinen ursprünglichen Stand angewachsen war.